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REFLEXION
Theresia Strunk
Vom Wagnis und der Wichtigkeit, nichts zu tun: Psychologische Perspektiven
Ein psychologischer Blick auf das Nichtstun – insbesondere in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen – prägt den folgenden Artikel. Dabei wird deutlich: Nicht(s)tun ist ein Wagnis – und zugleich wichtig. Aber (wie) ist es überhaupt möglich?
Eine 15-Jährige erzählt, dass sie häufig bis zum Abend im Bett liege und TikTok schaue. Während ein Video auf das nächste folge, müsse sie wenig tun: »Der Algorithmus erkennt meine Stimmung und zeigt mir oft von selbst nur noch Inhalte an, die dazu passen.« Zugleich bemerke sie bei sich starke Erschöpfung, Antriebslosigkeit und das Gefühl, auch in Ruhezeiten gar nicht mehr ›runterzukommen‹.

Ein 11-jähriger Junge berichtet, in den zurückliegenden Monaten habe er sich fast völlig in sein Zimmer zurückgezogen. Dort habe er entweder zusammengekrümmt hinter der Tür gesessen oder – weitaus häufiger – geschlafen.


Social Media konsumieren, schlafen, herumsitzen – tun die beiden etwas, tun sie nichts oder tun sie etwas nicht? Ich möchte behaupten: Die alltagspraktische Einschätzung, ob im Kinderzimmer nichts oder etwas im Gange ist, hängt wesentlich von den eigenen Maßstäben bzw. ›Erfolgskriterien‹ und von Kontextinformationen ab. Wer weiß, ob eine Social-Media- Begeisterte nicht im Chat wichtige Fragen klärt und ob ein Jugendlicher, der vermeintlich vor sich hinträumt, derweil nicht eine Lösungsidee für ein ernsthaftes Problem entwickelt? Auch wer gerne Zeit in seinem Zimmer verbringt, erfüllt unter Umständen eine wichtige Entwicklungsaufgabe: die der Abgrenzung von seinen Eltern. Das Urteil ›Der tut ja nichts!‹ ist – zumindest alltagssprachlich betrachtet – demnach auch relativ, auch Definitionssache. Bevor es gefällt wird, gilt es, genau hinzuschauen.

Damit hängen zwei Fragen zusammen: Ist bloßes Nichtstun streng genommen überhaupt möglich oder beinhalten nicht selbst Daseinsformen, die dem Individuum vermeintlich ›unterlaufen‹ (schlafen, dösen, ausspannen usw.; vgl. Gronau / Lagaay 13), kognitive, physische und psychische Leistungen eigener Art? Und: Ist ›Nichtstun‹ nichtsnutzig? Vom Oszillieren des Nichtstuns zwischen Aktivität und Passivität, ja von seiner evaluativen Facette zeugt dabei schon die Duden-Definition: Nichtstun wird hier einerseits als »Untätigkeit« bestimmt, andererseits als »Faulenzen; Müßiggang, dem sich jemand hingibt«. Das Tun im Nichtstun hebt die Pädagogin Monika Jäckle besonders hervor: »NichtsTun ist nicht mit Passivität zu verwechseln, sondern ein aktives Tun, welches nicht mit Produktivität, sondern mit Absichtslosigkeit verbunden ist« (Jäckle 11). Es gilt ihr als »Haltung der Präsenz und Achtsamkeit für das‚ was ist« (Jäckle 25).

Bezüge zum Nichtstun weist dabei das Nichttun auf. Die Philosophin Alice Lagaay begreift es ebenso wie Schweigen und Scheitern gar als ›negative Performanz‹. Die intensive philosophische Diskussion, die sich um das Begriffsfeld Handeln, Nichttun, Nichtstun, Unterlassen rankt, kann hier nicht ausführlich wiedergegeben werden (vgl. Birnbacher; Gronau / Lagaay). Für den hiesigen Zusammenhang muss es genügen, Nichttun als Unterlassen eines bestimmten möglichen Tuns zu verstehen. Um wessen Tun oder Nicht(s)tun soll es im vorliegenden Beitrag nun gehen? Mit Blick auf pädagogische und psychologische Zusammenhänge, speziell in Bezug auf Kinder und Jugendliche, sind diesbezüglich mindestens zwei Seiten zu berücksichtigen.

Wer tut nicht(s)?

Einerseits stehen hier die Aktivitäten der Kinder und Jugendlichen selbst im Fokus, die mal positiver, mal negativer bewertet werden mögen. Zum anderen geht es um das Tun oder Nicht(s)tun von erwachsenen Bezugspersonen – von Eltern, pädagogischen und psychologischen Fachkräften – und um die Frage: Wann ist es gut, bei der Begleitung eines bzw. einer Heranwachsenden nichts zu tun? Wie lange lässt man das Gegenüber gewähren, wie lange ›schaut man zu‹ und handelt nicht? In welchen Situationen ist es demgegenüber wichtig, einzugreifen, ja zu intervenieren? Einige Zusammenhänge, in denen diese Überlegungen virulent werden, möchte ich im Folgenden thematisieren.

Wenn Nichtstun krank macht …

Die Relevanz maßvollen Tuns (gegenüber Nichtstun im Sinne der Duden-Definition) hat gerade die Corona-Pandemie deutlich gemacht. So weist der Kinder- und Jugendlichenpsychiater Martin Holtmann auf die Bedeutung von Tagesstruktur, körperlicher Bewegung, positiven Aktivitäten, Sozialkontakten und Rückzugsmöglichkeiten für die psychische Gesundheit Heranwachsender hin, auch vor dem Hintergrund, dass die Lockdown-Maßnahmen all das – insbesondere für Menschen mit begrenzten Ressourcen – erschwert haben (Holtmann). [...]


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