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REFLEXION
Laura Mößle
Lustvolles Schimpfen? Eine Annäherung an eine alltägliche Praktik
Schimpfen ist weit mehr als Ausdruck von Ärger und Unzufriedenheit. Doch was steckt hinter diesem Phänomen? Warum wird Schimpfen häufig tabuisiert und welche produktive Funktion übernimmt das Schimpfen im Lehrkräftezimmer?
Plaudern, Scherzen, Schimpfen. Im Lehrkräftezimmer können vielfältige Gefühlslagen angetroffen werden, denn nicht selten werden hier unterschiedliche Eindrücke und Erfahrungen des Schulalltags miteinander geteilt. Narrative, mal mehr und mal weniger lustvolle Inszenierungen von Unmut gehören zum Lehrkräftezimmer dazu und werden eigentlich kaum thematisiert. Dieses Phänomen, das gemeinhin besser als Schimpfen bekannt ist, genießt im pädagogischen Diskurs einen schlechten Ruf, dennoch lohnt sich ein Blick auf diesen »vernachlässigten Kommunikationsakt« (Bausinger, 353).

»Ich schimpfe meistens mit meiner Schwester – wenn die mir Sachen wegnimmt; das finde ich richtig blöd. Und mit meinem Bruder, wenn der sich mit mir streitet.«
(Ella, 8)

In diesem Artikel untersuche ich, was aus einer kulturanalytischen und an Praktiken orientierten Perspektive beim Schimpfen vor sich geht. Genauer betrachte ich eine bestimmte Form des Schimpfens, die unter der Einhaltung sozialer und kultureller Regeln als lustvolle Inszenierung von Unmut gefasst werden kann und sich damit vom Schimpfen in direkter Konfrontation unterscheidet. Exemplarisch soll dieses Phänomen am Praxisort des Lehrkräftezimmers veranschaulicht werden.

Schimpfen zwischen Spaß und Ernst

Wer schon einmal eine unerfreuliche Situation erlebt hat, weiß um die befreiende, ja kathartische Wirkung, die der Ausdruck von Ärger, Wut und Unmut ermöglichen kann. Im selbstgeführten Monolog oder aber in der narrativen Wiedergabe des Erlebten kann sich eine regelrechte Lust am Schimpfen einstellen, die den Erzählenden energetisiert und sogar für vergnügliche Unterhaltung anderer sorgen kann. Aber handelt es sich beim Schimpfen nicht eigentlich um eine ernste Angelegenheit?

Die oftmals wenig berücksichtigte, spielerische Facette des Schimpfens geht auf dessen ursprüngliche Wortbedeutung zurück. Aus dem mittelhochdeutschen Schimpf abgeleitet, liegt dem Wort ein originärer Sinn von »Scherz, Spaß, Kurzweil, Spiel« zugrunde (Röhrich, 1338). Sogenannter ritterlicher Schimpf bezeichnete spielerische wie ernste Turniere und Kampfspiele. Neben der scherzenden Bedeutung wurde Schimpf also auch mit seinem Gegenteil, dem Ernst, in Verbindung gebracht. »Im Zusammenhang mit Hohn und Spott verwies man auf die Kehrseite von Kurzweil und Spaß zu Lasten eines anderen« (Stückrad, 32). Diese heitere Wortbedeutung trat hinter Schimpf im herabsetzenden oder scheltenden Sinn, wie es sich im heutigen Sprachgebrauch weitestgehend durchgesetzt hat.
Doch bis heute können humorvolle Facetten des Schimpfens ausgemacht werden, es bedarf nur einer näheren Betrachtung dieser alltäglichen Praktik. Richten wir den Blick auf eine exemplarische Situation eines Ortes, an dem das Schimpfen bislang kaum thematisiert wird: das Lehrkräftezimmer.

Verkörperter Ärger: Schimpfen als ›Doing‹

Fiktive Beobachtung: Am Kaffeeautomaten im Lehrkräftezimmer sammelt sich in der Pause eine kleine Gruppe von Lehrkräften. Sie plaudern und scherzen, tauschen ihre Erlebnisse der zuvor gehaltenen Stunden aus. In der Runde kommen Einzelne auf die Strapazen der kürzlich abgeschlossenen Projektwoche zu sprechen. Die Absprache mit den Eltern und die Koordination mit der Schulleitung und den Kooperationspartnern verliefen aus Herrn Zimmermanns Sicht zu chaotisch. Aus diesem Grund sei er eingesprungen und hätte große Teile für seine Klassen selbst organisiert. Missmutig weist er in der Runde darauf hin, dass die Beschlüsse der letzten Gesamtlehrkräftekonferenz nicht sonderlich praktikabel gewesen seien und er schon damals seine Bedenken geäußert habe. »So wird das nichts! Am Ende organisieren ja doch immer dieselben!«, habe er zum stellvertretenden Schulleiter gesagt.

Die Hände in die Seiten gestemmt schüttelt der langjährige Lehrer den Kopf und redet sich in zunehmender Lautstärke lustvoll in Rage. Eine Kollegin pflichtet ihm bei und beide monieren die Organisationslast, die diese zusätzlichen Belastungen in den intensiven Wochen am Schuljahresende bedeuten. [...]


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