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Teresa Trynogga |
Schulpastoral – ein offener Raum der Begegnung |
Drei große, miteinander verbundene Räume in einer Schule, unter anderem ausgestattet mit einem Kicker und einer Couch. Die Wände zieren bunte, selbst gestaltete Bilder zum Thema Frieden – und ein Kreuz. Wie in diesen Räumen eine zukunftsfähige Schulpastoral realisiert wird und warum dabei Begegnung so wichtig ist, entfaltet der vorliegende Artikel. |
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Bei den beschriebenen Räumlichkeiten handelt es sich um einen Jugendtreff. Die Beschreibung der Räumlichkeiten ließe sich noch endlos fortführen: So gibt es auch einen Basteltisch, eine Küchenzeile oder die Möglichkeit, Billard zu spielen. Auf den ersten Blick zeigt sich hier ein Jugendtreff, wie es ihn vielfach gibt und der vor allem einen „Raum für Entfaltung, Selbsterfahrung und Erlebnis« (Meyer/Rahn 90) bieten will. Und doch weist er ein Spezifikum auf, das ihn von vergleichbaren Angeboten unterscheidet: Neben dem ungewöhnlichen Standort in den Räumlichkeiten einer katholischen Schule wird der Jugendtreff von der örtlichen Kirchengemeinde verantwortet, geleitet und ausgestaltet. Das Kreuz und im Rahmen der Sternsingeraktion entstandene Bilder an den Wänden machen dies im physischen Raum sichtbar. Damit ist der Jugendtreff ein Beispiel für kirchliches Engagement in der Schule. Die Zusammenarbeit von Schulen mit außerschulischen Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartnern ist insbesondere seit der Einführung des Ganztags vermehrt in den Fokus gerückt. Die Kirchengemeinde agiert hier als eine solche Partnerin und kann so die durch den Ganztag entstandenen neuen Zeiten und Räume nutzen.
Ein Jugendtreff als offener Begegnungsraum
Der Jugendtreff erweist sich in der wissenschaftlichen Begleitung als hochgradig schulpastoraler Raum, dessen zentrale Merkmale unter anderem die Offenheit und die Ermöglichung von Begegnung sind. Er kann in der Mittagspause, in Freistunden oder nach Schulschluss von den Jugendlichen genutzt und ohne Zugangsvoraussetzung betreten werden. Die Jugendlichen müssen sich weder an- noch abmelden und entscheiden selbst über die Dauer ihres Verbleibs. Offen ist auch die Art und Weise, wie die Verweildauer gestaltet wird. Neben allgemeinen Freizeitbeschäftigungen eines Jugendtreffs, wie das Verweilen auf der Couch oder das Kickerspielen, werden auch inhaltlich ausgerichtete Angebote realisiert. So gibt es z. B. Angebote zu den Themen Nachhaltigkeit und Kinderrechte oder der Situation geflüchteter Menschen. Als Begegnungsraum in der Schule ist der Jugendtreff durch die niedrigschwellige und wenig vorstrukturierte Art und Weise, in Begegnung sein zu können, geprägt bei gleichzeitigem Vorhandensein von Ansprechpersonen der Schulpastoral, die bei Fragen, Problemen oder Gesprächsbedarf begleitend und unterstützend zur Verfügung stehen. Ebendiese Ansprechpersonen wirken zugleich auch explizit auf Gemeinschaftsbildung und Begegnung hin, indem sie die vorhandene Pluralität produktiv bearbeiten. Sie thematisieren bewusst die religiöse Vielfalt der Schülerinnen und Schüler oder greifen deren Konflikte auf, wenn sie mitbekommen, dass ein Thema die jungen Menschen beschäftigt. Der Jugendtreff gewinnt in diesem Zusammenhang vor allem dadurch an pastoraler Qualität, dass er im Sinne des schulpastoralen situativen Ansatzes die Themen und Bedürfnisse der Zielgruppe aufgreift. Diese wird so dazu befähigt, Pluralität wahrzunehmen, wertzuschätzen und sich reflektiert zu ihr zu verhalten. Die vielfältigen Begegnungserfahrungen können die Schülerinnen und Schüler dann nicht nur in persönlichen Kontexten, sondern auch in gesamtgesellschaftlichen und innerschulischen Zusammenhängen als für sie hilfreich und relevant erfahren.
Relevanz für das gesamtgesellschaftliche Zusammenleben In einem schulpastoralen Raum, wie dem beschriebenen Jugendtreff, treffen Schülerinnen und Schüler einerseits Personen, die nicht zur Schulgemeinschaft gehören, aber im Rahmen eines Angebots besucht oder eingeladen werden. Zugleich begegnen sie sich aber auch untereinander und bilden in ihrer Pluralität und Heterogenität, die weit über den religiösen Bereich hinausgeht, für sich gegenseitig verschiedene gesellschaftliche Lebensrealitäten und Lebenswelten ab. So lernen sie gläubige Menschen kennen, sie treffen Menschen mit anderen Religionszugehörigkeiten oder mit einer Behinderung, sie kommen in Kontakt mit Menschen, die in prekären Verhältnissen leben, und mit vielen weiteren Personengruppen, Inhalten und Lebensfragen. Dadurch kann der Jugendtreff in der Schule im Kleinen schon jetzt das abbilden, was sich den Schülerinnen und Schülern entweder bereits jetzt oder auch erst im späteren Leben gesamtgesellschaftlich im Großen zeigt bzw. zeigen wird. Dass junge Menschen hier also die Begegnung als ein zentrales Anliegen erleben, konfrontiert sie schon im Jugendalter mit den gesellschaftlichen Fragestellungen von Toleranz, Offenheit und funktionierendem gesellschaftlichem Zusammenleben und leistet so einen wichtigen Beitrag zur gegenwärtigen und zukünftigen Enkulturation junger Menschen.
Relevanz für die Schulkultur Die vielfältigen Begegnungserfahrungen im Jugendtreff erweisen sich aber auch für das Miteinander innerhalb der Schulgemeinschaft als relevant und tragen dazu bei, den schulischen Alltag junger Menschen angenehm und lernförderlich zu gestalten. Durch Angebote, wie eine gemeinsame Karnevalsfeier oder die Auseinandersetzung mit verschiedenen Kulturen sowie durch weitere Angebote, die Grenzen zwischen einzelnen Gruppen abbauen, die Entwicklung einer Schulgemeinschaft mitgestalten und „Anonymität, Vereinzelung und Ausgrenzung überwinden« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz 21), werden verschiedene Gruppen innerhalb der Schule in Begegnung gebracht, die sonst im schulisch-unterrichtlichen Kontext möglicherweise weniger in Kontakt stehen würden (vgl. Lob 384). So sichert der Jugendtreff ein funktionierendes Miteinander in der Schule ab. Außerdem ist ein solches Projekt – an die kommunikative Konzeption von Schulpastoral nach Bitter (2003) anschließend – als Alternativraum innerhalb der Schule zu verstehen, der außerhalb des unterrichtlichen Kontextes und unterrichtlicher Prinzipien verortet ist (vgl. Bitter 74). Die Etablierung dieses Alternativraums wirkt sich positiv auf die Schulkultur aus und trägt zur Ausbildung einer humanen Schulkultur bei, weil die Schülerinnen und Schüler eine Ergänzung zum unterrichtlichen Kontext erleben und sie die Schule vermehrt als Lebensraum wahrnehmen, der nicht ausschließlich auf Unterricht begrenzt ist. Dies macht den Mehrwert von Schulpastoral für ihren schulischen Alltag sehr konkret erfahrbar.
Offenheit als zentraler Aspekt Um im Rahmen eines schulpastoralen Projekts wirkliche Begegnung ermöglichen zu können, kommt der Offenheit des Raumes eine Schlüsselrolle zu. So kann sichergestellt werden, dass alle Schülerinnen und Schüler in solche Begegnungserfahrungen mit einbezogen werden können. Die Frage, wie offen ein schulpastoraler Begegnungsraum ist, kann aus zwei Richtungen bedacht werden, und zwar zum einen als eine Frage der Zielgruppe im Sinne der Offenheit des sozialen Raumes und zum anderen als eine Frage der Zugänglichkeit im Sinne der Offenheit der physischen Räumlichkeiten. In den meisten Fällen wird sie als Ersteres, als eine Frage der Zielgruppe gedeutet. Bezogen auf den Jugendtreff bedeutet dies, dass er allen Menschen unabhängig ihrer Fähigkeiten, ihrer Religionszugehörigkeit, ihres Alters, ihres Geschlechts, ihrer Herkunft und ihres soziokulturellen Umfelds zur Verfügung stehen soll.
Begegnungserfahrungen sind eine zentrale Dimension von Schulpastoral und halten für junge Menschen Relevanz und Lebensweltbezug bereit.
Es geht darum, das Angebot ohne Zugangsvoraussetzungen zu gestalten und eine Teilnahme weder an Leistungen noch an Qualifikation zu knüpfen (vgl. Roth 124). Weiterhin sind ganzheitliche Angebote, die nicht nur kognitive Zugänge ermöglichen, ebenso von Vorteil, wie zum Beispiel spirituelle Angebote, »die nicht an bestimmte Aktivitäten oder Wortmeldungen gebunden sind« (Baumert 18), und Angebote, bei denen die Teilnahme nicht an die eigene Religionszugehörigkeit und Religiosität geknüpft ist. Ganz besonders hängt die Offenheit eines schulpastoralen Raumes und damit auch die des Jugendtreffs aber auch von der Zugänglichkeit der physischen Räumlichkeiten ab, in denen das Angebot verortet ist. Entsprechend müssen die Räumlichkeiten und auch die Orte, die besucht werden, für alle jungen Menschen zugänglich sein (vgl. Baumert 18).
Abschließend zeigt der Jugendtreff als kirchliches Angebot in der Schule eine Möglichkeit auf, Schulpastoral im Kontext des Ganztags als offenen Begegnungsraum zu gestalten, der insbesondere aufgrund seiner unkomplizierten Offenheit als auch aufgrund seines Selbstverständnisses als Begegnungsraum einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung einer humanen Schulkultur leistet und jungen Menschen einen niedrigschwelligen Alternativraum anbietet. Der Blick auf das konkrete Projekt macht deutlich, dass Begegnungserfahrungen eine zentrale Dimension von Schulpastoral sind und als solche Relevanz und Lebensweltbezug für junge Menschen bereithalten. Insofern liegt in schulpastoralen Angeboten, die Begegnung ermöglichen wollen, eine große Chance, eine zukunftsfähige und von den Schülerinnen und Schülern her gedachte Schulpastoral zu gestalten.
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