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| Eva Stögbauer-Elsner |
| Eine lange Weile lesen |
| Was, wie, wo, wann, warum lesen Kinder und Jugendliche (nicht)? Um diesen Fragen auf die Spur zu kommen, führte ich zahlreiche Gespräche mit Eltern, Lehrkräften und Heranwachsenden, mit Laien und Expert*innen, mit Leseratten und minimalistisch Lesenden, mit Buchliebhabern und Buchabstinenten. |
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Was sich herauskristallisierte: Lesen ist eng verknüpft mit Anstrengung und Langeweile, aber ebenso mit Freude und Entspannung. Eigentlich spricht man unter Eltern eher selten über ›das‹ Lesen. Gerne stellt man heraus, wenn man/frau einen Bücherwurm zu Hause hat, das wenig lesebegeisterte oder gar das leseunwillige Kind wird hingegen kaum zum Thema. Eine Ausnahme sind Gespräche mit Lehrkräften, von denen Tipps und Tricks zur Lesesteigerung erhofft werden. Jede*r hat eine individuelle Lesebiografie, die unterschwellig präsent ist und Erwartungen an eigene Kinder richtet. Digitale Medien – Videos, Computerspiele, soziale Plattformen – gelten als Rivalen, Feinde oder sogar Totengräber des Buches. Leseanimation und -förderung in der Schule werden ambivalent erlebt. Sprachbarrieren und fehlende Deutschkenntnisse erschweren das Lesenlernen. Und Schullektüren sind bisweilen leider doof.
Lesen und Anstrengung
Wiederholt bewerten Eltern und Heranwachsende Lesen als anstrengend. Kein Wunder, wie mir die Deutschdidaktikerin Ulrike Siebauer versichert: Lesen ist eine Kulturtechnik, es ist nicht angeboren, es gibt kein spezifisches ›Lese-Gen‹. Biologisch gesehen ist der Mensch nicht zum Lesen geboren, er muss es wirklich mühsam erlernen. Beim Lesen sind Augen, Sehnerven und verschiedene Hirnregionen aktiv – das ist anstrengend! Hat ein Kind Schwierigkeiten beim Lesen, sollte man seine Augen untersuchen lassen, um mögliche Sehschwächen zu diagnostizieren, wie eine Mutter aus Erfahrung berichtet. Die Automatisierung des Leseprozesses braucht viel Zeit, die aber im Schulsystem fehlt. Eigentlich haben Kinder nur ein Jahr Zeit, um Lesen zu lernen, und das auch noch im Gleichschritt – was nicht wirklich gut funktioniert, insofern manche bei Schuleintritt schon flüssig lesen, andere nach zwei Jahren noch unsicher zusammenlesen. Ein Teil der befragten Eltern erlebt(e) zudem die Begleitung als anstrengend, v. a. wenn sie täglich mit ihren Kindern lesen und die Lesezeit (z. B. in Stempelheften) dokumentieren mussten. Die Auslagerung des Lesenlernens in die ohnehin knappe Familienzeit führte laut Eltern zu Konflikten und Streitigkeiten, zumal beide Seiten ihre freie Zeit dafür ›opfern‹ und Eltern (oftmals die Mütter) in die Rolle der Lehrkraft schlüpfen mussten, jedoch nicht für den Schriftspracherwerb ausgebildet sind. Manche schulischen Lesetexte verlangen darüber hinaus ein (Welt-)Wissen, das Kinder noch nicht haben und Eltern nicht ad hoc bereitstellen können – was zusätzlich frustriert. Besonders herausfordernd wird dies erlebt, wenn Deutsch nicht Erstsprache ist.
Lesen und Langeweile
Lesen braucht Zeit, meinen viele Eltern, und stellen dann beim Blick auf ihren Tagesplan fest, dass es dafür kaum Zeitfenster gibt. »Der Nachmittag als Lesezeit fällt weg«, so eine Grundschulrektorin: Viele Kinder und Jugendliche sind bis (spät)nachmittags an den Schulen, bei einigen beginnt dann ein enges Programm von Bildungs-, Sport- und Freizeitaktivitäten, andere tauchen in digitale Welten ein. »Eigentlich«, so eine Mutter, »haben wir gar keine Zeit, ein Buch in die Hand zu nehmen.« Und ihre 11-jährige Tochter ergänzt:
»Und sowieso nicht, wenn man was Cooleres machen kann wie Kino oder Schwimmbad. Aber wenn mir abends langweilig ist, lese ich!« Im Gespräch stellen wir fest, dass uns als Kindern anscheinend doch recht langweilig war und Bücher eine willkommene Abwechslung boten: Schule mittags aus, überschaubares Freizeitangebot, kein Netflix oder Brawl Stars.
Eigentlich haben Kinder in der Schule nur ein Jahr Zeit, um Lesen zu lernen, und das auch noch im Gleichschritt.
Oder wie eine Jugendliche formuliert: »Lesen hatte früher eine eminente Bedeutung, auch sozial. Aber heute hat Technik die Bücher ersetzt.« Und damit wären wir genau bei dem Punkt, der fast alle Eltern umtreibt: Sie beobachten, dass die sog. neuen Medien, allen voran Social-Media-Apps, Videospiele und Streamingdienste, deutlich attraktiver sind als gedruckte Bücher. [...]
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