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BLICKPUNKT
Susanne Klinger
Religiöse Bildung als Differenzkompetenz
Differenzkompetenz fungiert seit dem PISA-Schock der Jahrtausendwende als Schlüsselbegriff einer pluralitätsfähigen Religionsdidaktik. In Reaktion auf eine verbreitete Einstellung zu Glauben und Religion, die sich vor allem indifferent artikuliert (»Das muss jeder irgendwie für sich selbst wissen!«), orientiert sie ein religiöses Lernen, das Vielfalt und Verbindlichkeit zusammendenkt.
Religiöse Bildung als Differenzkompetenz
Religion fragt nach dem Menschen in seiner Verwiesenheit auf unverfügbare Ganzheit. Indem sie die Welt von Gott oder dem Transzendenten her beleuchtet, eröffnet sie die Möglichkeit, sie anders und in Gegenentwürfen zu denken. Religion unterscheidet sich von daher grundlegend von naturwissenschaftlichen oder ethischen Weltzugängen. Religiöse Differenzkompetenz in dem hier explizierten Sinn verlangt, den Übergang von einer zweiwertigen Logik des Entweder-oder zu einer mehrwertigen Logik des Sowohl-als-auch zu vollziehen. Mehrwertiges Denken ist dabei der christlichen Tradition nicht fremd, sondern ihr als Tiefenhermeneutik eingeschrieben. Die folgenden Schlag- und Streiflichter eröffnen unter dem Stichwort der religiösen Differenzkompetenz Blicke auf eine theologische Querschnittskompetenz.

Differenzkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, die Welt auf unterschiedliche Weisen lesen zu können. Wissenschafts theoretisch trägt sie der Einsicht in die Obsoletheit einer einheitswissenschaftlichen Weltsicht Rechnung. Die eine Welt zeigt sich uns immer nur in einer Pluralität grundlegender und inkompatibler – naturwissenschaftlich-instrumenteller, moralisch-evaluativer, ästhetischer, religiöser usf. – Perspektiven oder Weltzugänge, die weder ineinander überführbar oder aufeinander reduzierbar noch nach Geltungshierarchien zu gewichten sind. Die Welt reflektiert sich niemals als ganze, sondern immer nur von einzelnen in ihr gelegenen und damit kontextabhängigen Beobachtungsorten her.

Differenzkompetent Unterscheidungen treffen zu können, setzt deshalb die Bereitschaft und Fähigkeit voraus, den Übergang von der zweiwertigen Logik eines Entweder-oder zu einer Logik des Sowohl-als-auch zu vollziehen. Religiöse Bildung als Differenzkompetenz trägt damit die Signatur eines mehrwertigen Denkens. Mehrwertiges Denken eliminiert die Perspektive des Entweder-oder nicht, verlangt aber, entscheiden zu können, wann der Übergang zu einem Sowohl-als-auch sachlich geboten ist. Darin unterscheidet es sich auch von einem dialektischen Denken, das Gegensätze auflöst, indem es sie in eine höhere Einheit aufhebt. Unter methodischen und epistemischen Gesichtspunkten ist es zudem von einem ganzheitlichen Denken abzugrenzen, das sich vor allem emphatisch-assoziativ seinem Gegenstand nähert, wie es auch nicht schon mit einem empathischen Einfühlen in die Perspektive eines Anderen gleichzusetzen ist.

Mehrwertiges Denken in der jüdisch-christlichen Tradition

Mehrwertiges Denken ist der christlichen Tradition nicht fremd, sondern bildet eine in ihr seit je präsente Tiefenströmung. Bereits die Entstehungsgeschichte des Christentums, Vergleichbares gilt für Traditionsbildungen im Judentum und Islam, kann nicht angemessen verstanden werden, ohne den Aspekt der kulturellen Hybridität zu berücksichtigen. Die zwei-eine Bibel und die theologische Tradition – zu erinnern wäre hier etwa an die Entfaltung der Zwei-Naturen- und trinitarischen Gotteslehre im hellenistischen Kulturraum – bieten auf verschiedene Weise Modelle dafür an, wie sich im Spannungsfeld von religiös-kultureller Identität und Differenz ein »dritter Raum« (Bhabha 5) eröffnet, in dem sich religiös-kulturelle Differenzen ohne Hierarchisierung treffen und der Übergang von einer Logik des Entweder- oder zu einer Logik des Sowohl-als-auch vollzogen wird.

Kanon: Einheit in Vielfalt

Fragt man nach Vorbildern eines mehrwertigen Denkens in der jüdisch-christlichen Tradition, so ist vor allem auf den biblischen Kanon hinzuweisen. Regelmäßig werden in den kanonischen Schriften des Alten und des Neuen Testaments Geschichten mehrfach erzählt – in je verschiedenen, in zum Teil einander widersprechenden oder sogar einander ausschließenden Versionen. Mehrfach und in voneinander abweichender Weise etwa wird von der Schöpfung erzählt, der Dekalog aufgeführt, die Geschichte Israels oder die Geschichte Jesu dargestellt. [...]


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